Unterhaltsanspruch gegen Erbengemeinschaft durchsetzen: Ratgeber

|

Als Anwältin im Bereich Erbrecht erlebe ich häufig, wie der Tod eines Familienmitglieds nicht nur Trauer, sondern auch rechtliche Unsicherheiten und Konflikte auslöst. Besonders kompliziert wird es, wenn zum Todeszeitpunkt noch Unterhaltsverpflichtungen bestanden – ganz gleich, ob gegenüber Kindern oder geschiedenen Ehepartnern. Zahlreiche Mandantinnen und Mandanten fragen mich: „Was passiert mit meinem Unterhaltsanspruch nach dem Tod des Verpflichteten?“ oder „Wie kann ich meinen Unterhalt eigentlich von der Erbengemeinschaft fordern?“ In diesem ausführlichen Leitfaden beantworte ich die wichtigsten Fragen, erläutere rechtliche Grundlagen und gebe Ihnen praxisorientierte Handlungsempfehlungen an die Hand.

Sie möchten Ihren Unterhaltsanspruch durchsetzen? Kontaktieren Sie mich!

Im Rahmen dieses Artikels kann ich Ihnen nur allgemeine Informationen zum Thema “Unterhaltsanspruch gegen Erbengemeinschaft durchsetzen”  zur Verfügung stellen. Um Ihnen genaue rechtliche Wege aufzuzeigen, was man bei dieser Situation möglichst schnell unternehmen sollte, sollten wir reden:


     

    Was passiert mit laufenden Unterhaltsverpflichtungen nach einem Todesfall?

    Ein häufiger Irrtum ist, dass Unterhaltsansprüche mit dem Tod des Verpflichteten automatisch enden. Das Gegenteil ist richtig: Nach deutschem Erbrecht (§ 1967 BGB) übernehmen die Erben nicht nur Vermögen, sondern auch sämtlichen Nachlassverbindlichkeiten. Dazu zählen explizit bestehende Unterhaltspflichten.

    Beispiel:
    Ein Vater zahlt seiner geschiedenen Ehefrau und zwei Kindern Unterhalt. Nach seinem Tod fragen sich alle drei: Werden die Zahlungen einfach eingestellt, oder kann die Erbengemeinschaft herangezogen werden? Die Antwort ist klar: Für bereits entstandene und laufende Unterhaltsansprüche haften die Erben – und somit die Erbengemeinschaft.


     

    Gegen wen richte ich meinen Unterhaltsanspruch?

    Ihr Unterhaltsanspruch richtet sich nicht gegen eine Einzelperson, sondern gegen die gesamte Erbengemeinschaft. Wichtig: Die Mitglieder der Erbengemeinschaft (zum Beispiel die neue Ehefrau samt gemeinsamer Kinder oder weitere Nachkommen) sind gemeinsam verpflichtet („gesamtschuldnerisch“), den fälligen Unterhalt aus dem Nachlass zu leisten.


     

    Unterhaltsanspruch von Kindern: Was steht Sohn oder Tochter zu?

    Kinder haben gegenüber ihren Eltern einen sogenannten Barunterhaltsanspruch, bis sie eine erste berufliche Ausbildung abgeschlossen haben. Verstirbt der unterhaltspflichtige Elternteil, richtet sich der Anspruch gegen die Erbengemeinschaft.

    Wie setze ich den Anspruch durch?

    • Melden Sie sich zeitnah bei der Erbengemeinschaft – am besten schriftlich.
    • Legen Sie Belege vor (z. B. Geburtsurkunde, Nachweis der Ausbildung, bisherigen Unterhaltstitel).

     

    Weitere Fragen zu diesem Szenario:

    Kann auch ein volljähriges Kind Unterhalt fordern?

    Ja – wenn es sich etwa im Studium, der Ausbildung oder im freiwilligen sozialen Jahr befindet und noch nicht wirtschaftlich selbstständig ist.

    Beispiel:
    Ein 22-jähriger Sohn studiert nach seiner Ausbildung. Der unterhaltspflichtige Vater verstirbt. Der Sohn kann weiterhin Unterhalt von der Erbengemeinschaft verlangen, sofern der Nachlass dies hergibt.

    Wie lange erhält das Kind Unterhalt von der Erbengemeinschaft?

    Solange die gesetzlichen Voraussetzungen (z. B. Erstausbildung, Bedürftigkeit, angemessener Lebensbedarf etc.) bestehen und der Nachlass einen Anspruch zulässt. Sobald das Kind eine angemessene Erwerbstätigkeit ausübt oder sich der Nachlass erschöpft hat, kann der Anspruch enden.


     

    Besteht ein Unterhaltsanspruch auch für geschiedene Ehefrauen bzw. Ehemänner?

    Ja, auch Ex-Partner können Unterhalt weiterhin vom Nachlass verlangen, wenn beim Tod noch Ansprüche bestanden (etwa laut Scheidungsurteil, Unterhaltsvertrag oder gerichtlicher Entscheidung).

    Welche Fallstricke gibt es hier?

    • Unterhaltsanspruch besteht nur, wenn zum Todeszeitpunkt ein tituliertes Recht bestand oder ein laufender Unterhaltstitel existierte.
    • Künftiger Unterhalt kann nur bis zur Höhe des Nachlasses verlangt werden – sollte sich der Nachlass später als erschöpft herausstellen, kann der Anspruch enden.

     

    Praxisbeispiel:
    Der verstorbene Ehemann war laut Scheidungsurteil verpflichtet, seiner Ex-Frau monatlich 800 Euro nachehelichen Unterhalt zu zahlen. Erben sind die neue Ehefrau und ein gemeinsamer Sohn. Nach Vorlage des Scheidungsurteils kann die Ex-Frau ihren Unterhaltsanspruch nun gegen die Erbengemeinschaft durchsetzen.


     

    Was, wenn die Erbengemeinschaft nicht zahlen will? Schritt-für-Schritt zur Anspruchsdurchsetzung

    1. Wie mache ich den Unterhaltsanspruch geltend?

    • Setzen Sie die Erbengemeinschaft schriftlich über Ihren Anspruch in Kenntnis.
    • Fügen Sie Belege und ggf. Unterhaltstitel bei.
    • Setzen Sie eine angemessene Zahlungsfrist.

    2. Habe ich Auskunftsrechte gegenüber der Erbengemeinschaft?

    Direkter Auskunftsanspruch:
    Als Unterhaltsgläubiger haben Sie zwar keinen vollständigen Nachlass-Auskunftsanspruch wie ein Pflichtteilsberechtigter. Dennoch müssen die Erben den Umfang des Nachlasses und die Begrenzung ihrer Haftung offenlegen, falls Sie ihren Anspruch nur teilweise erfüllen möchten.

    Tipp:
    Beharren Sie auf Transparenz. Sollte die Erbengemeinschaft die Höhe des Nachlasses verschleiern oder Zahlungen verweigern, kann anwaltliche Unterstützung und ggf. gerichtliche Klärung helfen.

    3. Was mache ich, wenn keine Einigung erzielt wird?

    Der letzte Weg ist die gerichtliche Durchsetzung. Haben Sie einen Unterhaltstitel, kann dieser umgeschrieben und gegen die Erben vollstreckt werden – beispielsweise durch Kontenpfändung oder andere Maßnahmen. Ohne Titel lässt sich der Anspruch durch eine Zahlungsklage sichern.


     

    Kann die Erbengemeinschaft meinen Anspruch einfach „aussitzen“?

    Nein. Versuchen Erben, Unterhaltsforderungen zu ignorieren oder hinauszuzögern, drohen ihnen Verzugszinsen und gegebenenfalls Gerichts- und Vollstreckungskosten. Die Pflicht zur Unterhaltsleistung besteht weiter fort, solange ein rechtmäßiger Anspruch nachgewiesen werden kann und der Nachlass ausreichend ist.


     

    Was passiert, wenn der Nachlass zu gering ist?

    Die Erbengemeinschaft darf Unterhaltsansprüche nur bis zur Erschöpfung des Nachlasses erfüllen (§ 1586b BGB). Ist der Nachlass ausgeschöpft, erlöschen weitere Unterhaltsverpflichtungen. Es besteht keine persönliche Haftung der Erben mit eigenem Vermögen.

    Beispiel:
    Der Nachlass beläuft sich auf 10.000 Euro, die Unterhaltslast beträgt 1.000 Euro pro Monat. Nach 10 Monaten und vollständigem Verbrauch des Nachlasses enden die Unterhaltszahlungen.


     

    Welche Auswirkungen hat der Unterhaltsanspruch auf Pflichtteilsansprüche anderer Erben?

    Unterhaltsansprüche werden als Nachlassverbindlichkeiten behandelt und mindern den Wert des in den Nachlass fallenden Vermögens. Das heißt: Pflichtteilsberechtigte (z. B. andere Kinder) können ggf. weniger beanspruchen.


     

    Weitere praktische Tipps:

    • Handeln Sie schnell: Es gilt keine starre Frist, aber Verzögerungen erschweren die Durchsetzung und können zu Nachteilsfolgen führen.
    • Beweis sichern: Halten Sie alle Nachweise bereit (Unterhaltstitel, Ausbildungsbestätigungen, Nachlassunterlagen).
    • Kommunikation dokumentieren: Führen Sie Nachweis über alle Kontakte mit der Erbengemeinschaft.
    • Professionelle Beratung einholen: Gerade in emotional aufgeladenen Situationen mit mehreren Anspruchsberechtigten und Erben lohnt anwaltliche Unterstützung, um Fehler und Verzögerungen zu vermeiden.

     

    Häufig gestellte Fragen – kurz beantwortet

    Wann verjähren Unterhaltsansprüche gegen die Erbengemeinschaft?

    Die regelmäßige Verjährung beträgt drei Jahre ab Kenntnis des Unterhaltsgrunds und der maßgeblichen Umstände.

    Kann ich rückständigen Unterhalt vom Nachlass fordern?

    Ja, offene Beträge, die bis zum Tod entstanden sind, bleiben als Forderung gegen die Erbengemeinschaft bestehen.

    Was ist bei einer Erbengemeinschaft mit Erben im Ausland?

    Auch dann muss die Erbengemeinschaft nach deutschem Erbrecht haften; praktischer kann sich die Rechtsdurchsetzung jedoch gestalten.


     

    Fazit: Wie komme ich an mein Recht?

    Wer Unterhalt von einer Erbengemeinschaft fordern will, muss die rechtlichen Spielregeln kennen, konsequent handeln und seine Ansprüche gut dokumentieren. Ob als Kind, Tochter, Sohn oder geschiedene/r Ehepartner/in – Ihre Forderung bleibt bestehen, solange sie berechtigt ist und der Nachlass es erlaubt. Kommt es zur Auseinandersetzung, zögern Sie nicht, einen erfahrenen Fachanwalt für Erbrecht einzuschalten und sich kompetent begleiten zu lassen. Das gibt Ihnen Sicherheit – auch in einer emotional belastenden Situation.

    Sollten Sie Fragen rund um das Thema „Unterhalt gegen Erbengemeinschaft“ haben oder Hilfe bei der Anspruchsdurchsetzung benötigen, stehe ich Ihnen gerne beratend zur Seite.