Mein Vater hat wieder geheiratet – Wer bekommt das Erbe? 

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Wenn der Vater nach dem Tod der Mutter oder einer Scheidung erneut vor den Traualtar tritt, steht plötzlich vieles Kopf – nicht nur emotional, sondern auch aus rechtlicher Sicht. Die Frage, wer nun eigentlich erbt, beschäftigt viele Kinder in dieser Situation. Wie verändern sich die Ansprüche? Spielt es überhaupt eine Rolle, ob die neue Ehefrau eigene Kinder mitbringt? Und wie steht es um das Verhältnis zur Stiefmutter, wenn das Zusammenleben eher von Spannungen geprägt ist?

Um ein wenig Licht ins Dickicht des Erbrechts nach einer Wiederheirat zu bringen, schauen wir uns die verschiedenen Möglichkeiten und Fallstricke genauer an.

Warum sich mit der Wiederverheiratung alles ändert

Wer glaubt, im Erbfall bleibe nach einer Wiederheirat alles beim Alten, täuscht sich leider. Sobald Ihr Vater erneut heiratet, rücken neue gesetzliche Regelungen in den Vordergrund. Denn die Ehefrau zählt von diesem Tag an zu den gesetzlichen Erben – und das unabhängig davon, wie lange die Ehe besteht. Das kann am Ende des Tages bedeuten, dass sie einen beachtlichen Anteil am Nachlass erhält.

Ihr Vater hat wieder geheiratet und Sie machen sich Sorgen um das Erbe? Kontaktieren Sie mich!

Im Rahmen dieses Artikels kann ich Ihnen nur allgemeine Informationen zum Thema “Mein Vater hat wieder geheiratet -wie sieht es jetzt mit meinem Erbe aus?”  zur Verfügung stellen. Um Ihnen genaue rechtliche Wege aufzuzeigen, wie es bei Ihnen nach der Wiederverheiratung Ihres Vaters erbrechtlich aussieht, sollten wir reden:

    Wer erbt wie viel? Ein Überblick zur gesetzlichen Erbfolge

    Verstirbt Ihr Vater ohne ein Testament zu hinterlassen, gilt die sogenannte gesetzliche Erbfolge. Hier zählen Ehepartner und Kinder zur Erbengemeinschaft. In der klassischen Konstellation sieht das so aus:

    • Die neue Ehefrau: Sie erhält die Hälfte des Nachlasses (sofern es eine Zugewinngemeinschaft gab)
    • Kinder aus früherer Ehe: Sie teilen sich die übrigen 50 Prozent

    Gerade für Erwachsene, die erst spät einen neuen Elternteil bekommen, ist das oft eine bittere Überraschung. „Mein Vater hat wieder geheiratet – was bleibt für mich noch übrig?“ ist eine typische Reaktion.

    Was passiert, wenn die neue Frau Kinder mitbringt?

    Neben der neuen Ehefrau kommen manchmal auch Stiefgeschwister ins Spiel – zumindest auf emotionaler Ebene. Doch wie sieht es juristisch aus? Werden Stiefkinder auch zu Erben?

    Keine Adoption, kein Erbe – die Lage für Stiefkinder

    Falls die neue Partnerin Ihres Vaters Kinder aus einer früheren Beziehung mitbringt, bedeutet das nicht automatisch, dass diese Stiefkinder auch einen Teil des Erbes erhalten.

    • Stiefkinder sind ohne Adoption außen vor
    • Sie erben nur, wenn sie in einem Testament bedacht werden
    • Ein Pflichtteilsrecht besteht für sie NICHT

    Das Erbe bleibt damit zwischen leiblichen Nachkommen und Ehefrau aufgeteilt.

    Adoption: So werden Stiefkinder vollwertige Erben

    Anders sieht die Sachlage aus, wenn Ihr Vater die Kinder seiner neuen Frau adoptiert. Durch eine Adoption werden Stiefkinder den leiblichen Kindern rechtlich gleichgestellt. Die Konsequenzen:

    • Sie werden in die Erbfolge aufgenommen
    • Ihnen steht auch ein Pflichtteil zu
    • Die Aufteilung am Nachlass wird vielseitiger

    Und wenn eigene Kinder aus der neuen Ehe geboren werden?

    Kommt aus der neuen Beziehung ein gemeinsames Kind, wächst die Erbengemeinschaft weiter an. Diese Halbgeschwister

    • werden wie alle anderen Kinder automatisch Erben,
    • können ihren Pflichtteil geltend machen
    • und schmälern indirekt die Anteile der übrigen Erben

     

    Schwieriges Verhältnis zur Stiefmutter – was bedeutet das fürs Erbe?

    In vielen Patchwork-Konstellationen ist das Familienleben nicht immer harmonisch. Doch selbst, wenn das Verhältnis zur neuen Ehefrau angespannt ist, bleibt ihre rechtliche Position unangetastet. Weder das Alter der Ehe, noch das persönliche Miteinander beeinflussen ihre Erbrechte.

    Wichtige Faktoren, die am Erbrecht nichts ändern:

    • Beziehungslänge vor der Hochzeit
    • Das Verhältnis zwischen Kindern und Stiefmutter
    • Das Alter der Beteiligten

    Was tun bei Konflikten? Ein paar erprobte Lösungswege

    Wenn es kriselt, hilft meist nur das Gespräch – so schwierig das manchmal auch fällt. Es kann helfen,

    1. Offene Worte über Erwartungen auszutauschen,
    2. gemeinsam über ein Testament nachzudenken,
    3. frühzeitig Schenkungen zu regeln
    4. oder auf ein Berliner Testament zu setzen, mit dem Ehepaare sich gegenseitig absichern.

     

    Pflichtteilsrecht – der Mindestanspruch der Kinder

    Auch wenn der Vater sich entscheidet, seine Kinder im Testament nur gering oder gar nicht zu bedenken: Der Gesetzgeber gewährt leiblichen Kindern immer einen Mindestanspruch, den sogenannten Pflichtteil. Dieser beträgt die Hälfte des gesetzlichen Erbteils.

    Pflichtteils-Berechnung nach Wiederheirat in einem kleinen Beispiel

    Gehen wir von einem Vater mit zwei Kindern aus erster Ehe und neuer Ehefrau aus:

    • Jedes Kind hätte theoretisch einen gesetzlichen Erbteil von 25 Prozent (die Hälfte des Nachlasses durch zwei).
    • Darauf entfällt ein Pflichtteil von 12,5 Prozent.
    • Auch die neue Ehefrau hat bei Enterbung einen Pflichtteilsanspruch: 25 Prozent.

    Nur in besonderen Ausnahmefällen (z. B. schwere Vergehen gegen den Erblasser) kann der Pflichtteil gestrichen werden.

    Berliner Testament – Typische Lösung in Zweitehen

    Oft entscheiden sich Ehepaare in der zweiten Ehe für ein Berliner Testament. Hierbei wird der jeweils andere Partner als Alleinerbe eingesetzt, während die Kinder zunächst leer ausgehen und erst nach dem Tod beider Ehepartner erben.

    Welche Vor- oder Nachteile ergeben sich daraus?

    Pluspunkte:

    • Der Ehepartner ist finanziell abgesichert
    • Erbstreitigkeiten direkt nach dem ersten Todesfall werden vermieden
    • Das Vermögen bleibt zunächst als Einheit erhalten

    Minuspunkte:

    • Die Kinder müssen oft Jahrzehnte auf ihr Erbe warten
    • Der Pflichtteil kann dennoch sofort eingefordert werden
    • Es drohen höhere steuerliche Belastungen

     

    Tipps für Familien in dieser Situation

    1. Rechtzeitig reden hilft

    Viele Konflikte entstehen durch unausgesprochene Sorgen und Unsicherheit. Sprechen Sie mit Ihrem Vater so früh wie möglich offen über Pläne und Erwartungen.

    2. Fachlichen Rat einholen

    Eine Anwältin für Erbrecht hilft, die eigenen Rechte und Handlungsspielräume einzuschätzen – besonders bei

    • komplexeren Familienstrukturen,
    • hohem Vermögen
    • oder bereits bestehenden Streitigkeiten.

    3. Dokumente sammeln und Ordnung schaffen

    Wichtige Unterlagen für den Erbfall:

    • Informationen über das Vermögen
    • Kopien von Testamenten, Erbverträgen
    • Nachweise über größere Schenkungen

    4. Alternative Wege gehen

    Nicht immer muss alles klassisch vererbt werden – Schenkungen mit Nießbrauch, gezielte Auflagen im Testament oder Vermächtnisse können ebenfalls gute Lösungen bieten.

    Antworten auf häufige Fragen

    Kann mein Vater mich völlig enterben?

    Der Pflichtteil bleibt Ihnen fast immer erhalten – ganz gleich, wie die Stimmung in der Familie ist. Nur in seltenen Ausnahmefällen entfällt dieses Recht.

    Was geschieht bei erneuter Scheidung?

    Wird die neue Ehe wieder geschieden, verliert die Ex-Frau sämtliche Erbrechte. Dann profitieren wieder ausschließlich die leiblichen Kinder.

    Muss ich den Pflichtteil direkt beanspruchen?

    Nein, Sie haben nach Bekanntwerden des Erbfalls drei Jahre Zeit, Ihren Pflichtteil einzufordern. Manchmal ist es für den Familienfrieden ratsam, sich nicht dazu zu drängen.

    Hat die Frau meines Vaters Erbrechte, wenn beide „nur“ zusammenleben?

    Ohne Trauschein gehen Lebensgefährten leer aus – es sei denn, sie werden in einem Testament bedacht.

    Steuerliche Themen rund ums Erbe

    Mit einer neuen Ehe verändern sich auch die steuerlichen Rahmenbedingungen.

    Freibeträge für die Erbschaftsteuer

    • Ehepartner: 500.000 € steuerfrei
    • Kinder: 400.000 € je Kind
    • Stiefkinder ohne Adoption: Nur 20.000 € Freibetrag

    Die richtige Steuerklasse

    Die Ehefrau kommt automatisch in Steuerklasse I (günstig). Nicht adoptierte Stiefkinder müssen sich mit Steuerklasse III begnügen (weniger vorteilhaft).

    Wie sich Streit vermeiden lässt – Nachlassplanung

    Um Konflikte auf ein Minimum zu reduzieren und möglichst allen gerecht zu werden, lohnt sich eine offene Nachlassplanung. Was dazu gehört?

    1. Übersicht über das Vermögen erstellen
    2. Wünsche aller abfragen
    3. Testament oder Erbvertrag gemeinsam gestalten
    4. Regelmäßige Überprüfung und Anpassung
    5. Transparenter, ehrlicher Austausch in der Familie

     

    Fazit: Ihre Rechte bleiben – auch nach der neuen Ehe

    Zugegeben, wenn der Vater wieder heiratet, ändert sich für die Nachkommen einiges. Das heißt aber nicht, dass Sie leer ausgehen oder keine Möglichkeiten hätten. Mit Wissen, rechtzeitigem Handeln und guter Kommunikation finden Familien oft Lösungen, die für alle tragbar sind. Wenn Sie sich unsicher fühlen, holen Sie Rat bei mir- ob telefonisch, per Videocall oder in meiner Münchner Kanzlei. Jeder Fall ist ein bisschen anders – und das beste Ergebnis erzielt man meist gemeinsam und vorausschauend.